Einleitung
Die Verwendung von Open Source Bibliotheken ist aus der modernen Softwareentwicklung ebenso wenig wegzudenken wie freie Betriebssysteme für die Hersteller von vielen kleinen Geräten, die unser Leben angenehm machen. Juristen wurde dies im großen Umfang erst bewusst, als sich AVM dagegen wehren wollte, dass die Software “Surfsitter” die Linuxversion, die auf der Fritzbox! seinerzeit lief, veränderte. AVM konnte sich nicht erfolgreich wehren, weil das Gericht (LG Berlin) entschied, dass die gesamte Firmware ein “work based on an program” i.S.v § 2 GPLv2 sei. Da AVM aber nicht die Bestimmungen der GPLv2 eingehalten hatte, konnte sich die Firma in keiner Weise gegen die Veränderung ihrer Firmware wehren. Soweit handelt es sich um einen Sieg für die Open Source Community.
Doch was ist mit den Fällen, in denen die Entwickler mit den besten Absichten verschiedener Open Source Bibliotheken und Programme kombinieren, um neue Software zu schaffen. Es ist manchmal gar nicht möglich die Bestimmungen mehrerer Open Source-Lizenzen gleichzeitig zu erfüllen. Einige Lizenzen, insbesondere die GPLv2, ordnen für einen solchen Fall den Verlust sämtlicher Rechte an den jeweiligen Lizenzen an. Die Folge: Die Urheber könnten die weitere Verbreitung der Software jederzeit gerichtlich stoppen. Was im kleinen Rahmen zunächst harmlos klingt, wird bedrohlich, wenn man bedenkt, dass Linux selbst nicht frei von solchen Lizenzkonflikten ist.
Abstrakt
Der Beitrag soll den in der Einleitung angesprochenen Fragen anhand der zwei folgenden Beispiele nachgehen: 1. Linus Torvalds erlaubt die Existenz von einigen Linux-Treibern, die für die Community nicht im Sourcecode zur Verfügung stehen. Es mehren sich jedoch die Stimmen, die diese Vorgehensweise für unvereinbar mit der GPLv2 halten, allen voran die FSF. 2. Android untersteht der Apache License 2.0, basiert jedoch auf Linux, welches unter der GPLv2 steht. Nach der FSF sind beide Lizenzen miteinander inkompatibel.
Der Beitrag soll herausarbeiten, ob es, je nach Auslegung der Lizenzen, für einzelne Programmierer von Linux-Komponenten möglich wäre, die weitere Distribution von Linux mit proprietären Treibern oder von Android zu stoppen. Jedenfalls nach der strengen Sichtweise der FSF wäre dies möglich. Es ist jedoch fraglich, ob deutsche Gerichte dieser strengen Sichtweise folgen würden.
Um diese Fragen zu beantworten, muss näher dargestellt werden, wie der Linux-Kernel mit den proprietären Treibern und Android mit dem Linuxcode verknüpft ist. Auf dieser Basis soll eine juristische Einschätzung erfolgen, die zunächst nur die Lage vor deutschen Gerichten berücksichtigen wird.
In diesem Zusammenhang soll auch der Frage nachgegangen werden, inwieweit es möglich ist, ein Programm, welches einmal ein “work based on an program” i.S.v § 2 GPLv2 geworden ist, etwa indem der Code einer offenen Bibliothek in den Programmcode integriert wurde, später noch einer anderen Lizenz zu unterstellen. Dies wird nach deutschem Urheberrecht möglicherweise selbst dann nicht funktionieren, wenn man den eigenen Programmcode im Nachhinein wieder um alle Open-Souce-Komponenten bereinigt, die einer anderen Lizenz unterstehen.
Informationen zur Person
Lutz Martin Keppeler ist seit 2013 als Rechtsanwalt zugelassen und arbeitet in dem Kölner Standort der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek als Anwalt für IT-Recht. In diesem Rahmen berät er auch mittelständische Unternehmen zu Fragen rund um Open Source Lizenzen.
Material
Vortragsfolien (PDF, 355 kB)